Donnerstag, 29. September 2016

strohwitwe

heute morgen ist der luxus-mann für drei wochen ans andere ende der welt verreist.

gestern fragt er mich:
"kommst du noch mal vorbei? ich muss allerdings um halb vier uhr morgens aufstehen."
"boah, ich muss morgen arbeiten. da bin ich doch vollkommen im eimer, wenn ich so früh aufstehe."
"aber dann hast du drei wochen keinen sex mehr, denk dran! außerdem kannst du ja weiterschlafen."
"wer sagt denn, dass ich drei wochen keinen sex habe, nur weil du nicht da bist?" frotzle ich.
"komm du mir nachhause!" erwidert der luxus-mann.
"mit vergnügen. aber ich kann heute erst so gegen halb acht, wir haben noch ein meeting."
"dann komm doch direkt nach der arbeit."

gesagt, getan. um acht schlage ich beim luxus-mann auf, der aufgeregt durch die wohnung hühnert.
"hab ich alles? was meinst du, reichen sechs t-shirts? ich hab auch nur vier pullis eingepackt."
"du machst ja urlaub in der zivilisierten welt. wenn dir was fehlt, kaufst dus einfach nach."
der luxus-mann ist schwer zu beruhigen.
"aber mein koffer ist schon so voll, ich hab nur noch vier kilo luft."
"na und, dann schmeißt du halt was weg. oder tust es ins handgepäck. du brauchst eh souvenirs."
"stimmt. für meine kinder... und was ist mit dir? soll ich dir auch was mitbringen?"
"wenn dir was über den weg läuft, was mir steht. da vertrau ich dir."
"was hast du noch mal für ne größe?"
"36. manchmal auch 38. im zweifelsfall nimm ne 38, enger nähen geht immer."
"und schuhe?"
"41."
 
"sicher, dass wir heute sex haben können, so wie du drauf bist?" grinse ich, als wir gegen neun endlich auf dem balkon sitzen, ich noch eine rauche und der kopf des luxus-mannes sichtbar weiterrattert.
"klar. der ist ja ein recht autonomer körperteil", kichert der luxus-mann. "vielleicht würds aber helfen, wenn du ein bisschen bläst."
ich grinse und ziehe dem luxus-mann die hose aus.
"halbmast", stelle ich fest.
"das wird schon."
 nach zwei minuten habe ich einen prallen schwanz herbeigezaubert.
"komm", sagt der luxus-mann, "setz dich drauf."
und wir ficken leise im schutze der dunkelheit auf dem balkon, während überall noch nachbarn draußen sitzen.

obwohl der luxus-mann spätestens um zehn im bett sein will, wird es halb zwölf, weil noch fußball läuft und wir dann noch ein zweites mal vögeln, was anspannungsbedingt in einen schmerzhaften marathon ausartet. dann liegen wir nebeneinander und der luxus-mann wälzt sich wach rum.
"hör auf nachzudenken", sage ich. "vor ort findet sich alles."
"es ist nicht wegen dem reisen, weißt du, nur weil ich mich immer so ärgere, wenn ich was vergesse."
"trotzdem. du ärgerst dich noch mehr, wenn du jetzt rumgrübelst und diese vier stunden schlaf verschenkst. dann vergisst du nachher vielleicht wirklich was. deinen schlüssel oder dein handy oder irgendwas, was man so verschusselt, weil man übermüdet ist."
"hm. machst du mir nachher kaffee?"
"wenn du dir das wünschst, mach ich das. ich schmier dir aber keine brote."
"essen gibts im flieger. aber kaffee wär toll."

als der wecker klingelt, haben wir das gefühl, keine einzige sekunde geschlafen zu haben. wir liegen noch eine ganze weile benommen nebeneinander.
"boah, fast beneide ich dich, dass du nachher weiterschlafen und dann arbeiten gehen kannst", sagt der luxus-mann träge.
"geh mal duschen", gähne ich. "ich mach dir solange deinen kaffee."
"ok."

ich kocke kaffee, hole milch, brot und nutella aus dem kühlschrank. dann lege ich mich wieder ins bett und döse ein. ich höre den luxus-mann kramen und sich anziehen. dann kommt er ins zimmer.
"kannst du mir einen gefallen tun?"
"was denn, die wohnung putzen?"
"das auch, aber nur nackt und in meiner anwesenheit. nein, bringst du nachher noch den müll raus, wenn du gehst?"
"klar."

dann klingelt das taxi.
"ich muss", sagt der luxus-mann und steht etwas verlegen am ende des bettes.
"dann musst du jetzt sehr stark sein."
"warum?"
"du musst mich einmal drücken, bitte."
der luxus-mann lächelt und nimmt mich dann tatsächlich richtig fest und lange in den arm.
"hab bitte nicht so viel spaß", sagt er und tätschelt meinen hintern.
"und du denk an den gummi, wenn du gleich die stewardess vor dir knien lässt."
"haha."
 "ach, warte mal... fast hätte ichs vergessen!"

ich löse mich aus der umarmung und hole meine arbeitstasche.
"hier", sage ich und überreiche dem luxus-mann einen playboy. "deine reiselektüre."
"wie cool", staunt der luxus-mann. "hast du den extra gekauft?"
"nee, flog bei mir im büro rum, aber ich musste da sofort an dich denken."
"danke!"
"dafür nich. alles nur geklaut. jetzt aber loslos, dein taxi wartet nicht ewig."
"ja, ich muss!"

ich bekomme einen letzten kuss, dann verschwindet der luxus-mann.
und ich bin allein.
alleine in dieser großen wohnung.
alleine in diesem großem bett.
alleine für ganze drei wochen.




Montag, 26. September 2016

schocker

mitternacht. ich stehe beim luxus-mann vor der tür und klingle. keiner macht auf.
sitzt er auf dem klo? ist er eingeschlafen?
ich rufe an. keiner geht ran.
hat er etwa unsere verabredung vergessen?

da kommt ein mann um die ecke und guckt komisch, wie ich so an der haustür stehe und verzweifelt die finger auf die klingel presse.
"hey", sagt der mann.
ich gucke. der mann sieht dem luxus-mann im dunklen ähnlich, hat aber kurze haare. er kommt näher.
nicht das auch noch, denke ich. da sitzt der luxus-mann auf den ohren, und dann auch noch so ein freak, der mich anlabern will!
"was is denn? ich war noch in der kneipe", sagt der freak.

ich gucke genauer. es ist der luxus-mann.
die haare sind ab.
"was ist denn mit deinen haaren passiert?" frage ich.
"nich gut?" fragt der luxus-mann und kommt näher.
"ähm, nunja... sehr brav, irgendwie so" , hasple ich.
"brav????" der luxus-mann ist entsetzt.
"nunja... irgendwie... reifer."
"älter???"
ich merke, ich rede mich um kopf und kragen.
"ich muss mich da erstmal dran gewöhnen", sage ich.

wir stehen vor dem haus. die dicke nachbarskatze kommt und bietet sich als verlegenheitspuffer an. ich lasse mich nieder und kraule sie.
"wollen wir denn gleich los?" fragt der luxus-mann. "ist ja schon nach mitternacht nun."
"ja, ich will tanzen. und nach dem schock brauch ich sowieso erstmal nen drink."

wir wackeln richtung club.
"du hast schon ordentlich getankt", stelle ich fest.
"n paar bier und zwei gläser wein und nen wodka", sagt der luxus-mann.
"aber jetzt mal zu dir. gehts dir denn jetzt besser?"
"ja", sage ich. "wird schon. ist normal, dass ich schwankungen habe. da musst du dir echt keine gedanken machen."
"mach ich mir aber. und wenn du dich verletzt, dreh ich durch, das weißt du."
"hab ich nicht."
"weil... das ist wie selbstmord."
"quatsch."
"in meiner welt, weißt du?"
"na gut. ich hab ja gesagt, ich erzähls dir einfach nicht mehr. wir haben spaß, nichts weiter."
"das wäre ja oberflächlich. ich will schon wissen, wies dir geht. und wenns dir schlecht geht, komm vorbei. dann hau ich dich ein bisschen, wenn du schmerzen haben willst", grinst der luxus-mann. "aber das musst du mir schon sagen."
"ich hab doch anfang der woche durchblicken lassen, dass es grade nicht gut bei mir ist."
"aber ich bin ein mann! das musst du deutlicher machen! in meiner welt gibts keine gefühle. das musst du alles haarklein erklären. tut mir leid."
"ok."
ich ärmle den luxus-mann unter und schnuppere an ihm.
"was?"
"du riechst gut."
"heißt das, du bist geil?"
ich grinse nur geheimnisvoll.

im club steckt mir der luxus-mann die zunge in den hals und schiebt sich zwischen meine beine, damit ich seinen harten schwanz fühlen kann.
"du machst mich so an", sagt er.
"dann fick mich doch."
"hier?"
"quatsch, lass uns rausgehen."
ich nehme den luxus-mann bei der hand und ziehe ihn nach draußen.
"schon mal auf offener straße gefickt?"
"willst du?"
ich nicke.
"wär doch mal spannend."
"okay."
"da drüben? da sind wenigstens ein paar büsche."

die büsche sind recht spärlich, also beschließen wir, noch eine straße weiter zu gehen.
"guck mal, ein spielplatz", sage ich. "perfekt, da ist kein mensch."
"das kann ich nicht."
"warum?"
"das ist ein spielplatz! auf spielplätze geh ich mit meiner tochter!"
"aber da drüben ist eine tischtennisplatte. das wäre perfekt."

der luxus-mann lässt sich breitschlagen. er manövriert mich auf die platte, zieht mir strümpfe und höschen nach unten und schiebt mir seinen schwanz in die muschi.
wir ficken ein weilchen, dann kommt eine gruppe teenies vorbei, die uns aber nicht bemerkt.
dann sagt jemand "moin".
wir schrecken hoch.
am zaun des spielplatzes steht ein abgeranzter alter typ und schaut uns zu.
"moin", sagt der luxus-mann arschcool.
der typ glotzt noch mal doof und geht dann weiter.
wir beginnen erneut.
der typ kommt zurück, geht wieder an uns vorbei und guckt.
"fuck, so geht das nicht", sagt der luxus-mann. "und du bist auch ganz unentspannt, das tut schon fast weh."
ich rutsche von der platte und ziehe mein höschen wieder hoch.
"komm, lass uns nachhause gehen."

wir wackeln untergeärmelt nach hause richtung luxus-wohnung.
"wahrscheinlich sind wir morgen in der mopo", sagt der luxus-mann. "so mit bild von hinten von meinem nackten arsch: perverses pärchen schändet kinderspielplatz."
"genau. vater einer siebenjährigen poppt mit dreikommanull promille im blut psychisch kranke frau auf einer tischtennisplatte."
"boah, hör auf, ich war sogar schon mal in der mopo."
"echt?"
"ja, da haben die reporter so leute in der schanze interviewt, wie sie weihnachten feiern. da waren die bei uns und haben die ganze gruseldeko fotografiert, die totenschädel und im hintergrund mein folterbild, das neben dem bett hängt."
"hahaha, romantisch"
"und neben den ganzen schick angezogenen und glücklichen vorzeige-familien stehen wir da voll blöde auf dem foto rum - meine tochter, mein sohn und ich mit den exakt gleichen depressiven hackfressen und daneben meine ex mit ihrem debilem grinsen, wie so eine mongo-family."

zuhause setzen wir fort, was wir auf dem spielplatz begonnen haben. als wir fertig sind, dämmert schon der morgen.
"halb sieben!" rufe ich entsetzt, als ich zähne putzend im bad auf die uhr sehe.
"um elf müssen wir aufstehen, da holt mich mein sohn zum sport ab."
"ich bin auch zum work-out mit der lederjacke verabredet."
"wird ein knochenharter sonntag, wie es aussieht."
"oh ja."
"kommst du dann später wieder hierher? ich bin so gegen halb drei wahrscheinlich zuhause."
"ok."
"dann kriegst du kuschelprogramm, von mir aus."
"oh cool!"
"ich weiß doch, was du brauchst."
"aber nur, wenn du bock hast! ich will nicht, dass du dich voll überwinden musst."
"mal sehen. ich werd schon nicht dran sterben."

im bett fängt der luxus-mann sofort an zu schnarchen, während ich noch eine weile wachliege und mich an meinem leisen glück und den erinnerungen an die letzten stunden weide.



Freitag, 23. September 2016

das ende

"ich dachte, ich tue dir gut, aber wenn das so ist, stelle ich unsere verbindung infrage", schreibt der luxus-mann gestern, nachdem ich mich für meinen zustand entschuldigt habe.

ich bin sprachlos.
"was denkst du, dass du den magic penis hast, der meine hirnchemie wieder auf spur bringt?"
der luxus-mann, der sonst immer so auf logik beharrt, schweigt beleidigt.
"hätte ich leukämie, würdest du dann auch glauben, ein bisschen ficken und gut ist?" lege ich nach.
"ich meine, ja, du tust mir gut. ohne frage. du bist ein integrer mensch, und du vermittelst stabilität. aber du bist doch kein wunderheiler! von dieser romantischen vorstellung solltest du dich schnellstmöglich verabschieden!"

"h. hat mich ja gewarnt vor leuten wie dir."
"ich finde es großartig, dass du immer so viel auf die meinung von menschen gibst, die mich weder kennen noch irgendeine erfahrung mit meiner erkrankung haben. das ist in etwa so, wie wenn ich marmelade einkochen will und einen schreiner nach dem rezept frage. ich hatte sogar meine psychiaterin beschwatzt, dass du mal in die angehörigen-beratung mitkommen kannst, aber das willst du wieder nicht. nur die schauermärchen aus dem netz interessieren dich."

heute abend will er telefonieren.
was das noch bringen soll, frage ich mich.
alea iacta est.

ja doch. es geht weiter.
es gibt nur viel zu klären und zu erklären.


Donnerstag, 22. September 2016

geduldsfaden

doppelte dosis ssri. abends benzodiazepine. zugleich eine vitamin-d-kur angefangen, damit ich vielleicht mal nicht den kompletten winter krank bin. außerdem soll das zeug ja auch gut gegen depressionen sein.

wartenwartenwarten auf das licht am endes des tunnels.

streit mit dem luxus-mann.
"wenn du dich wieder ritzt, sehen wir uns nicht."
glatte erpressung.
nice try.

mein alter ego schnaubt vor verachtung: als könnten wir auf den nicht verzichten!
der will eh nur ficken. und sex, sex wollen wir schon dreimal nicht. schwänze sind ekelhaft!

derzeit keine energie, das in ordnung zu bringen. in einer woche fliegt er für drei wochen in den urlaub, vielleicht ein guter zeitpunkt, um das getrenntsein zu üben, vor dem ich mich aktuell so fürchte.

auf arbeit zähle ich die minuten bis feierabend. schon das unproduktiv-dröge starren in den bildschirm ist sowohl psychisch als auch körperlich so anstrengend.

Montag, 19. September 2016

frust

ich wackle innerlich. seit etwa zwei wochen.

ich wache morgens um 5 auf, depressionstypisch.
manchmal mit heimweh. ich will wieder klein sein, in meinem kinderzimmer sitzen und spielen. alleine bitte. nur ich und meine bücher und meine puppen.
manchmal mit der nackten verzweiflung vollkommener sinnentleerung. ich kann meinen job nicht mehr machen, ich bin keine pr-schlampe, die leuten in den arsch kriecht und scheiße für gold verkauft.
manchmal mit der verzehrenden sehnsucht nach ruhe, entweder im arm eines anderen menschen, oder dann tot.
manchmal denke ich auch einfach nur zwei stunden lang völlig banane darüber nach, was ich auf arbeit anziehen könnte. irgendetwas, was meine absonderlichkeit möglichst verdeckt. eine in diesem zustand schier nicht beantwortende frage.

ich klammere mich ein bisschen an den luxus-mann und habe tödliche angst, ihn zu nerven. aber er ist da, fragt nach, wie wars auf arbeit, sagt, er kann es verstehen, denn er hasst seinen job auch und verachtet menschen, die sich über ihren schleimigen eifer definieren.

bisweilen habe ich enorme angst, den luxus-mann zu verlieren. dann mach ich schluss, sagt ein teil von mir, wozu denn dann weiterleben? der teil sagt auch: warum denn nicht gleich trennen, es passiert doch sowieso, oder glaubst du, der hält das länger als bis weihnachten mit dir aus?

die düsteren gedanken sind morgen-gedanken. sie kommen meist nachmittags wieder, weshalb ich recht spät mittagspause mache. dann renne ich durch den park und denke weiter auf dem suizid herum.

abends bin ich müde. zwei, drei drinks, dann falle ich ins bett.

Sonntag, 18. September 2016

daddys

"die gucken alle", sagt der luxus-mann, als wir über den flohmarkt schlendern.
"findest du mich auffällig?" frage ich.
"ja klar."
"wegen der stiefel?"
"ja. und dein rock... und die strümpfe. und die haare."
"ich habe ja immer angst, langweilig zu sein."
der luxus-mann blinzelt in die sonne:
"zu sein oder auszusehen?"
"auszusehen."
der luxus-mann lacht:
"darum musst du dir keine gedanken machen, weder um das eine, noch um das eine, so kapriziös wie du bist."
"kapriziös!"
"ja, das trifft es nunmal am ehesten."

"auf die daddys machst du jedenfalls richtig eindruck", stellt der luxus-mann fest.
"vielleicht, weil ich so nach freiheit aussehe?"
"vielleicht, weil du so nach ficken aussiehst", grinst der luxus-mann.
"findest du?"
"schon. du strahlst das aus."
"hast du dir das gedacht, als du mich das erste mal gesehen hast?"
"nee, da hab ich gedacht, die ist interessant."
ich kichere geschmeichelt.
"du hast halt was sehr spezielles", sagt der luxus-mann.
"ist das gut", will ich wissen.
"weiß nicht", sagt der luxus-mann. "leute wie ich finden das gut, aber ich kann mir auch vorstellen, dass viele das verstörend finden."
"die stinos?"
"ja."

ich schaue den luxus-mann von der seite an. wie ich dieses profil liebe, denke ich mir. und wie gut es zu dieser rauen, immer etwas verrucht klingenden stimme passt.
"was guckst du?"
"nüx nüx."
"du brütest doch was aus!"
"nein. ich gucke nur."
der luxus-mann hält inne und schaut mir ins gesicht.
"bin ich auch so ein daddy, in deinen augen?"
"nee. du bist punk."
der luxus-mann lächelt geschmeichelt, wird dann aber wieder ernst.
"heute morgen so im bad, da hab ich gesehen, dass ich voll faltige augen hab."
"kannste dir ja wegoperieren lassen, wenns dich stört."
"stört dich das nicht?"
"nö. das ist deine geschichte. das ist authentisch."
"aber schön ist es nicht."
"doch. das bist du, und du bist schön. in meinen augen. in meinen beschränkten augen, die doch glaub ich ziemlich viel an dir sehen."
der luxus-mann sagt nichts darauf, wie immer, weil er komplimente nicht verknusen kann.

"wollen wir kuchen essen", fragt der luxus-mann, als wir auf dem nachhauseweg an einem café vorbeikommen.
"nee."
"magst du keinen kuchen?"
"nicht so wahnsinnig. außerdem hab ich zwei kilo zugenommen."
der luxus-mann schaut mich von oben nach unten und von unten nach oben an.
"wo?"
"das sieht man jetzt nicht so, verteilt sich immer ganz gut bei mir."
"schade, ich hatte gehofft, an den titten."
"soll ich mir die titten machen lassen?"
"nee, warte mal ab. vielleicht in 20 jahren, falls wir dann noch zusammen sind und du bei mir einziehen musst als meine persönliche sklavin, weil du sonst flaschen sammeln müsstest. dann bist du nämlich nicht mehr frisch genug zum nacktputzen."
ich zeige dem luxus-mann den stinkefinger.

"aber noch mal zu den daddys...", fängt der luxus-mann wieder an, während er ein stück heidelbeerkuchen verdrückt.
"was findest du an denen? warum fickst du die?"
ich zucke die achseln.
"ich ficke die ja nicht explizit. die finden mich irgendwie."
"aber die sind doch todlangweilig."
"die meisten schon. aber mit denen passiert fast immer was, wenn sie fremdgehen, und das finde ich dann spannend."
"wie meinst du?"
"ich mag dieses staunen. die werden dann noch mal kind, irgendwie. so ganz verletzlich. und das, wenn man denen einfach nur den schwanz hält. und wenn sie dann danach zu mutti ins nest zurückhoppeln... dann nehmen sie vielleicht was mit. ich weiß ja nicht."
"wofür hälst du dich, für eine krankenpflegerin?"
"nenn es männerpflegerin, wenn du so willst."
"und für dich, was ist es für dich? das macht dich doch nicht wirklich geil, oder?"
"nicht der mann, eher das, was ich auslöse. die macht, die ich habe. bewegen und bewegt werden, das ist so das, was ich am leben am meisten mag."

der luxus-mann schaut mich aus seinen kornblumenblauen augen indifferent an.
"a. meinte gestern auch, mit jemandem wie dir müsse man vorsichtig sein."
"mit jemandem wie mir?"
"ja. jemand, der nicht ganz richtig im kopf ist."
"ich glaube, in meinem kopf ist vieles sehr viel richtiger als in anderen köpfen. nur weil ich nicht in eine medial betäubte leistungsgesellschaft passe, die konsumgütern huldigt und in lebensformen von 1950 verhaftet ist, bin ich nicht krank. ganz im gegenteil."
"du weißt wie ich das meine."
"nein. du bist da sehr ambivalent."
"najaaa... er meint halt, ich solle aufpassen, wie ich mit dir umgehe."
"so in die richtung, mich nicht zu verletzen?"
"ja."
"beeindruckend, dass leute, die mich nicht einmal auch nur von fern gesehen haben, immer ganz genau wissen, wie ich ticke und wie man mit mir umzugehen hat."
der luxus-mann ist verlegen.
"ich habe a. auch gesagt, dass ich das mit dir sehr entspannt finde, weil du trotz allem nie zickig bist."
"soso."
"ich hab ihm aber auch erzählt, dass ich immer noch angst vor dir habe."
ich grinse.
"gut so."

später liegen wir im bett, sehen einen langweiligen horrorfilm, trinken und vögeln ein paar mal.
"willst du noch ausgehen? fragt der luxus-mann.
ich drücke meine nase in seine achselhöhle.
"nein", sage ich dann mit nachdruck.
"kenn ich gar nicht an dir."
"hast du angst, dass ich mich mit dir langweile?"
"hm, weiß nich."
"tu ich nicht. du kannst sogar sportschau mit mir gucken."
"und erotikkanal."
"und die sendung mit der maus."
ich schmiege mich an den luxus-mann.
"ok so für dich?"
"willst du schlafen?"
"ja bitte."
"so?"
"genau so."



Dienstag, 13. September 2016

konfrontationskurs

samstagnacht, der luxus-mann und ich wollen tanzen gehen.
auf dem hinweg werden wir am bahnhof von einer horde afd-wähler-teenies im saubermannlook mit von mutti gebügelten t-shirts angepöbelt. nachdem wir eine weile scheiß-linke-scheiß-anarchos-zurufe ignoriert haben, kommt einer auf mich zu.
"zecke", schreit er und macht obszöne gesten.
ich stupse den luxus-mann an, der wegschaut.
"soll ich dem prügel androhen", wispere ich.
"gegen den hast du doch keine chance", sagt der luxus-mann.
"nee, von dir!"
"ich prügle mich nicht."

klare ansage.
das kleine afd-wähler-arschloch und seine stinofressen-nazi-clique hat uns inzwischen eingeholt. er läuft vor mir her und macht wichs-gesten.
"was hastn du für ein problem, du spacken", lache ich ihn aus. "hat dich deine mami heute nicht rangelassen?"
der luxus-mann zerrt mich beiseite.
"jetzt provozier den doch nicht auch noch!" flüstert er.
"ey bitte! der provoziert mich! und du haust dem kleinen wichser nicht mal in die fresse!"
"das ist doch kindergarten!"
"nee, das ist notwehr!"

die afd-wähler-teenie-horde umkreist uns wie ein schwarm wespen und findet es offenbar sehr lustig, dass mein mann keine beschützerinstinkte an den tag legt.
ich nehme allen mut zusammen.
"verpisst euch, ihr scheißhausfotzen", sage ich energisch.
dann ziehen sie endlich lachend ab.
"vollidioten", murmelt der luxus-mann.
ich schaue den luxus-mann angefressen an:
"was hätteste denn gemacht, wenn die jetzt ein messer gezückt hätten oder so?"
"nix, bin ich blöd? da kannste nur verlieren!"
die ansage muss ich erstmal verdauen.

auf party ist es jedoch nett, ich entspanne mich wieder ein wenig. bis ich kurz aufs klo gehe und den luxus-mann draußen mit meinem bier stehen lasse. als ich zurückkomme, ist er ins gespräch vertieft mit einer frau, etwas älter als ich, recht hübsch - und maximal auf tuchfühlung. 
ich stupse den luxus-mann an, weil ich mein bier wiederhaben will. 
"ähm, darf ich dir meine fickbeziehung vorstellen", fragt er die frau.
"wenns sein muss", sagt die und schaut mich abschätzig an.
dann gibt sie mir pseudofreundlich die hand.
ich habe das spontane bedürfnis, ihr eine reinzuhauen für so viel arroganz, beschließe dann aber, keine szene zu machen. wer für liberalität in der beziehung wirbt, darf sich auch nicht beschweren, wenn der kerl ein unsympathisches weib abzuschleppen versucht.
ich drehe mich also um und gehe erstmal tanzen.

eine ganze weile später gesellt sich der luxus-mann wieder zu mir.
"die ist so witzig", sagt er.
"die olle?"
"die heißt melanie."
"aha."
"die kenn ich schon länger. die wollte sich mit mir treffen, meinte aber, ich müsse dich dafür erst abschießen."
"und das überlegst du dir jetzt?"
"ich hab mich damals ja für dich entschieden."
"soso", sagte ich sarkastisch. "soll ich dir dafür jetzt dankbar sein?"
"immerhin profitierst du mehr als ich von unserer beziehung!"
"jetzt ist es auf einmal eine beziehung?"
"melanie meint, wenn man sich so oft sieht, ist das eine ganz normale beziehung."
"ach so! wenn melanie das sagt, muss es wohl so sein. aber jetzt sag einmal, wieso profitiere ich mehr als du?"
"naja, die schöne wohnung, und dass du immer frühstück kriegst... dass du gut gefickt wirst... und nicht zu vergessen die ganzen therapeutischen gespräche..."

ich zeige dem luxus-mann den vogel.
"tschüß", sage ich und gehe richtung ausgang.
"ey, warte doch mal, war doch nur spaß", hechtet mir der luxus-mann hinterher. "ich zieh dich doch bloß ein bisschen auf."
"im jedem witz steckt auch ein stück wahrheit."
"aber so ein bisschen stimmt das schon, dass du mehr profitierst."
"in materieller hinsicht bestimmt nicht, wir teilen uns doch alle ausgaben. vielleicht in emotionaler. weil du hier ein sicheres soziales netz hast und eine familie, und ich nicht.du brauchst mich dadurch halt viel weniger als ich dich."
"zum beispiel."
der luxus-mann tritt von einem bein aufs andere.
"komm, wir gehen wieder rein."
"na gut."

gegen halb fünf bin ich erschöpft und habe rücken.
"ich gehe jetzt", sage ich zum luxus-mann, der schon wieder mit melanie rumsteht. 
"wollen wir wirklich jetzt schon los?"
"es ist halb fünf, morgen um elf kommen die kinder, und du musst essen kochen, es würde also sinn machen. aber ich kann auch zu mir fahren, wenn du noch bleibst."
"ok, ich trink nur eben noch aus."
ich nehme dem luxus-mann die flasche aus der hand, setze an und trinke aus.
"ausgetrunken."
"magst du noch eins? ich geb dir eins aus", mischt sich melanie ein.
"dann musst du meiner frau aber auch ein getränk mitbringen", sagt der luxus-mann anständigerweise.
melanie schaut mich an, als wolle sie mich sehr gerne ermorden, und fragt dann:
"und? was willst du?"
"nichts", sage ich.

"die ist nett, oder", fragt der luxus-mann, als melanie an der bar steht.
"nett?! dann verstehst du frauen leider null. das war antipathie auf den ersten blick."
"echt jetzt?"
"die will dich und versucht, mich ganz gezielt auszubooten. auch dass sie dir erzählt, du hättest eine beziehung,wenn sie weiß, dass es das ist, was du absolut nicht willst. das ist das taktisch gesehen ein geschickter schachzug, um dich an deinem stolz zu kratzen und dazu zu bringen, auszubrechen. "
"meinst du?"
"ja. hab ich auch schon gebracht."
der luxus-mann lacht.
"aber ganz unabhängig davon will ich jetzt wirklich gehen", sage ich. "du kannst ja noch bleiben."
"ich trink nur noch schnell aus", sagt der luxus-mann und nimmt melanie, die gerade mit frischen bier kommt, die flasche aus der hand.

es wird die längste flasche bier meines lebens, obwohl ich kräftig mithelfe.
dann endlich sitzen wir in der bahn nachhause.
"triffst du dich mit der?" frage ich.
"nee, glaub nich", sagt der luxus-mann. "kein bock, n gummi zu nehmen."
"du bist ja ein echter charmebolzen."
"na und? du himmelst dein objekt an, das ist viel schlimmer."
"ich himmel den nicht an!"
"und du hast mir immer noch nicht erklärt, was der spezielles im bett drauf hatte."
"gar nichts. wir haben einfach gut gematcht."
"dann wars der körper, der dich so angeturnt hat?"
"klar war der als sportler wirklich schön, aber ich hatte auch schon mal nen triathleten, mit dem der sex beschissen war. das hat mit äußerlichkeiten nur bedingt was zu tun."
"was wars dann?"

langsam werde ich stinkig.
"vielleicht lags auch mit daran, dass er ein herzlicher und aufmerksamer mensch war, empathisch und leidenschaftlich, und auch nicht so ein riesiges problem damit hatte, jemanden mal in den arm zu nehmen oder überhaupt was uneingeschränkt freundliches zu sagen."
"und ich kann nichts uneingeschränkt freundliches sagen?"
"selten. ich habe noch nie ein richtiges kompliment von dir bekommen. das geht bei dir alles so: auch wenn meine ex echt geile brüste hatte und es viele frauen gibt, die eine spannendere figur haben als du, und obwohl du eigentlich aussiehst wie 40, bist du schon ne attraktive frau."
"ich bin halt ehrlich."
"na vielen dank auch. ich würde eher behaupten, du bist wie dein vater. ohne den jetzt zu kennen."
"ich bin viel netter als mein vater."
"dann bin ich sogar explizit froh, den nicht zu kennen."

zuhause lasse ich mich ins bett fallen, ziehe die decke über den kopf und rolle mich zur seite.
der luxus-mann macht den fernseher an und lässt sich berieseln.
"ich fahr gleich noch nach hause", sage ich.
"hä?"
"männer, die sich in meiner anwesenheit von unterschichtenfernsehen dauerberieseln lassen, hatt ich schon. das brauch ich nicht noch mal."
ich treibe es jetzt ganz bewusst auf die spitze, aber der luxus-mann rastet nicht aus.
stattdessen wechselt er das programm, bis wir auf dem erotikkanal sind, schaltet den ton aus und streckt dann die hand nach meiner muschi aus.
"besser?"
"viel besser."

gegen mittag wachen vom läuten der klingel auf.
"fuck, schon nach elf", springt der luxus-mann aus dem bett.
dann geht er an die freisprechanlage.
"ich kann jetzt noch nicht, sorry", sagt er. "muss noch essen vorbereiten. geht doch noch auf den spielplatz... nein, es ist jetzt wirklich nicht so günstig. echt nicht... halbe stunde, ja?"
ich habe mich zwischenzeitlich schnell angezogen.
"jetzt wissen sies, oder?"
"mein sohn und dessen mutter wissen es ja schon länger."
"du hast es seiner mutter erzählt?"
"ja, die ist ja cool. nur die mutter meiner tochter ist schwierig. die droht immer gleich damit, dass ich die kleine nicht mehr sehen darf."
"ich kann mich auch gleich hinten rausschleichen."
"nee, geh mal ruhig vorne raus. schon ok."
"na gut."
"weißte, irgendwann... kommts eh raus."

zehn minuten später stehe ich geschniegelt und gebügelt abmarschbereit an der tür.
"wie sehen wir uns nächste woche?"
der luxus-mann guckt angestrengt.
"gar nicht, also nicht vorm wochenende."
"ok."
"ja, ich hab meine tochter und sonst bin ich schon verabredet."
"nice to know", sage ich.
dann drehe ich mich um und gehe.

manchmal weiß ich ja echt nicht. trotzdem habe ich ein merkwürdiges gefühl von vertrautheit, allem zu trotz.

Sonntag, 4. September 2016

an seiner seite

nach der objektiven begegnung am freitag bin ich zwar zunächst verwirrt, doch ich denke keine sekunde daran, das gestrige date mit dem luxus-mann zu canceln.

nach meiner ankunft in der luxus-wohnung setzen wir uns zunächst auf den balkon und nehmen einen drink.
"und, warst du gestern noch aus?" will der luxus-mann wissen.
"ja", sage ich.
"und war nett?"
"war ok. einiges los. das objekt war auch da", sage ich vorsichtig.
"echt? und hat er was gesagt oder was?"
"ja, es hat mir ganz freundlich hallo gesagt und wir haben uns kurz unterhalten. und ich hab was mitgebracht", sage ich und ziehe einen joint aus meiner tasche. "das ist ne weiße witwe. sozusagen die premiumklasse im bereich marihuana."
"wo hast du den denn jetzt her?"
"hab ich gedreht. die weiße witwe ist vom objekt."
"wie, die ist vom objekt? hat er dir das verkauft?"
"nö. war ein geschenk."
"und wieso schenkt er dir das?"
"er ist halt so. hat er schon ein paar mal gemacht. ich war auch verwundert, weil wir nicht mehr befreundet sind. befriedet schon, aber wir haben so ja keinerlei kontakt. aber großzügig war das objekt eigentlich immer."

der luxus-mann schenkt mir einen undefinierbaren blick.
"wie war das für dich?"
"ich fand das angenehm. das ganze zerwürfnis war schon belastend, wenn man sich öfter über den weg läuft."
"das war nicht die frage. wie hat es sich angefühlt, mit ihm zu reden?"
gefährliche fangfrage. ich denke nach.
"fremd. ich war auch überrascht. aber insgesamt schon angenehm. ich bin erleichtert, dass wir uns nicht mehr stumm und hasserfüllt anstarren. das war auch irgendwie... kindergarten. dazu gab und gibt es zu viel, was wir aneinander schätzen."
ich bete, dass das nicht zu harter toback für den luxus-mann ist, doch er sagt:
"wie gesagt, ich könnts ja verstehen, wenn ihr fickt."
"wir ficken aber nicht. wir haben lediglich diesen lächerlichen kleinkrieg beendet und das objekt hat mir ein geschenk gemacht. das ich jetzt hier mit dir teile."

die entscheidung, ein geschenk vom gefühlten konkurrenten mit dem luxus-mann zu teilen, kostet mich mut, weil ich mit ablehnung rechnen muss. denn ohne ein gewisses grundvertrauen könnte er diese geste auch als beleidigend empfinden: da schleppt die alte gras von dem typen an, an dem sie immer noch irgendwie hängt! was für eine schlampe! wahrscheinlich hat sie ihm dafür einen geblasen oder schlimmeres! aber es ist mir wichtig, dem luxus-mann zu zeigen, dass ich ihm nicht verheimlichen will, beschenkt worden zu sein. und es ist mir wichtig, dass, falls luxus-mann und objekt aus irgendeinem grund einmal aufeinander treffen sollten, keine lügen oder heimlichkeiten auffliegen, was dann unweigerlich dazu führen würde, dass der luxus-mann weg wäre. deshalb setze ich auf dieses grundvertrauen, das ich zu spüren glaube und das ich weiter aufbauen möchte.

doch der luxus-mann überrascht mich positiv.
"dann schmeiß mal n feuerzeug her", sagt er und rupft die gezwirbelte spitze ab.
und ich strahle, während ich ihm zusehe, wie er die ersten züge pafft, mit meiner speziellen technik für nichtraucher, die ich beim kiffen selbst anwende, weil der rauch dann weniger kratzig kommt.
"angenehmes zeug", sagt er dann sogar.
"angeblich so das beste, was man auf dem markt kriegen kann."
"wie kommt der an sowas, ich dachte, das ist so ein sozialversager?"
"nur weil er einen sozialen beruf hat, ist er doch kein sozialversager. ich verdiene umgerechnet auch nicht so viel mehr."
"haste auch wieder recht."

später gehen wir aus. während wir nebeneinander im club stehen, fühle ich mich unendlich wohl. immer wieder drehe ich den kopf, sehe in dieses markante profil und schätze mich glücklich, so einen hübschen und integren mann an meiner seite zu wissen. als könne er gedanken lesen, sagt der luxus-mann quasi aus dem nichts:
"ich geh ja echt gerne mit dir aus."
"ich finde das auch schön, dass das möglich ist. kultur sollte man irgendwie teilen können."
"aber es bedeutet natürlich auch, dass man dann kaum mehr was hat, was man allein machen kann."
"du weißt, dass ich auch alleine weggehe."
"ja! das hast du ja auch erst gestern wieder unter beweis gestellt!" lacht der luxus-mann.
"aber es wäre doch auch schrecklich, wenn man NUR NOCH dinge zusammen macht, auch wenn man gleiche interessen hat."
"ja, auf jeden. heute beispielsweise war ich im fitness, und da war so ein pärchen, das kam zeitgleich mit mir. danach hab ich die frau im trainingsraum gesehen. ohne den typ. die stand da komplett verloren und guckte sich die augen aus. die konnte nicht alleine an die geräte gehen! die hat echt gewartet, bis er auftauchte, und dann sind die gemeinsam trainieren gegangen. und dann war er wieder weg, auf klo oder was auch immer, und sie stand wieder total doof rum und hat gewartet wie bestellt und nicht angeholt."
"schlimm. das finde ich am abschreckendsten an so klassischen paaren, dass die so assimiliert sind, dass die nicht mehr 'ich' sagen können. deshalb möchte ich, dass du deine freundschaften pflegst und abende unter männern hast, wo ich nicht dabei bin."
"aber frauen sind auch ok, oder? wenn ich hier so meine bekannten begrüße?"
"klar doch. war jetzt nur ein beispiel."

"und für dich, wäre für dich hier heute ein interessanter typ dabei?" bohrt der luxus-mann nach.
"klar", sage ich grinsend. "einen beobachte ich auch schon die ganze zeit."
der luxus-mann schaut verunsichert.
"rate mal, wer", sage ich.
"der da?" deutet der luxus-mann auf einen bärtigen hipster.
"nee! auf so ne schwuchteligen milchschnitten steh ich null!"
"oder der?"
"hallo?! das ist ne hühnerbrust, und kleiner als ich wahrscheinlich auch noch."
"dann sag mal."
"kommste nicht drauf?"
"nee."
"na du."
"ich?"
"ja klar."

der luxus-mann grinst stolz in sich hinein.
"du willst also echt keinen von hier?"
"nö. aber ich weiß, was ich will."
"du weißt, was du willst?!"
"ja klar."
"und was willst du?"
jetzt bin ich doch zu verlegen, um einfach "dich" zu sagen.
"ich genieße das hier mit dir gerade total, merkst du das nicht?" sage ich stattdessen.
der luxus-mann schaut so cool er irgend kann, aber es entgeht mir nicht, dass er bewegt ist.
"ich nehm mich halt nicht als so attraktiv wahr, weißte, auch wenn mir das andere oft sagen", sagt er dann.
"ich weiß, du bist mir da sehr ähnlich."

zum morgen hin sind wir erschöpft und betrunken und sitzen auf einer couch in der ecke. eigentlich wollen wir gehen, aber es schifft wie aus kübeln, und keiner von uns hat einen schirm oder eine richtige jacke dabei.
"trink ich jetzt noch ein bier oder mach ich jetzt schluss mit dem saufen und steck ihn dir nachher noch mal rein?" fragt der luxus-mann.
"wir können ja auch hier zum ficken aufs klo gehen."
"nee, das hatt ich schon mal, in einem kino."
"ich hatte das auch schon, aber ich dachte so, um ein gutes zeitliches intervall zu erwischen zwischen nicht-besoffen-genug und zu-besoffen-zum-ficken."
"würdest du denn wollen?"
"ich bin geil wie nachbars lumpi."
da grinst der luxus-mann glücklich. er lässt seine hand an meinem oberschenkel nach oben wandern und streichelt meine muschi.
mir wird noch heißer, als mir ohnehin schon ist.
"boah, ich will jetzt gehen und mich von dir ficken lassen", flüstere ich.
"ich hab da auch eine ganz klare meinung zu", sagt der luxus-mann und setzt sich so hin, dass ich sehen kann, wie sich seine erektion in der hose abzeichnet.
"olala!"
"los komm! lass uns gehen."
"aber es regnet!"
"scheiß auf den regen."
"wir könnten aber doch ein taxi..."
"scheiß aufs taxi, wir gehen."

und wir gehen, und zuhause lieben wir uns wild und rau.
"ich glaube, es gibt leute, die würden uns beneiden", sagt der luxus-mann.
"denke auch."
"schlafen?"
"unbedingt. wann kommt deine tochter morgen?"
"um elf."
"fuck, das ist in vier stunden."
"ja, ich weiß. aber hat sich gelohnt, oder?"
"definitiv."



Samstag, 3. September 2016

weiße witwe

"gehst du noch aus", fragt der luxus-mann, nachdem ich einen kompletten tag geschwiegen habe.
"weiß nicht, vielleicht ganz spät", erwidere ich, "willst du mitkommen?"
"nee, bin müde", sagt der luxus-mann und legt dann auch gleich auf, weil er zu faul zum reden ist. warum auch immer, es lässt mich vergleichsweise kalt.

ich bin selbst ebenfalls ultra erschöpft, beschließe, mich erstmal hinzulegen, und dann zu schauen, wie es mir geht. um mitternacht werde ich wieder wach, und es fällt mir ein, dass mein cousin geburtstag hat. ich beschließe, die erste gratulantin zu sein.

danach bin ich hellwach. soll ich oder soll ich nicht? ich habe irgendwie ein komisches gefühl. dann aber siegt die vernunft über das irrationale hadern und ich werfe mich in schale. kleiner aufwand, denn es ist schon spät, und morgen ist ja luxus-zeit.

ich schlage in der dreigeschossigen, nicht allzu kleinen location auf. und wer kommt mir schon gleich am eingang entgegen?
das objekt.
und das, nachdem ich ihm im katzenjammer diese sülzige nachricht geschickt hatte. wie peinlich! ich würde am liebsten im erdboden versinken, doch das objekt steuert direkt auf mich zu. ich erstarre zu einer salzsäule und hoffe, dass es nicht wieder sauer ist.

doch es lächelt.
"komm her, lass dich mal drücken", sagt es und nimmt mich dann in den arm.
ich bin so überrascht, dass ich mich nicht bewegen kann. das objekt spürt die mangelnde herzlichkeit in meiner nicht erwiderten umarmung, klopft mir sachte auf den rücken und sagt dann:
"ich geh mal pinkeln, komm du erstmal an."

ich flüchte in den raucherraum und zünde mir erst mal eine kippe an, um den schock zu verdauen.
ein paar minuten später steht das objekt  wieder an meiner seite. es dreht eine kippe, lächelt mich beruhigend an, wiegt sich von einem fuß auf den anderen und denkt ein weilchen nach. dann sagt es:
"du, pass mal auf. ich hab zwar ordentlich getankt, aber ich bin noch straight im kopf... deswegen ist das jetzt auch kein besoffenes gelaber. ich wollte dir zu deiner nachricht sagen, mir gehts genauso. ich denke auch oft an dich, und ich vermisse das, was wir hatten."

ich fühle mich eiskalt ertappt. so offenherzig hatte ich das in meiner message gar nicht formuliert. aber das objekt ist leider nicht dumm, und es kennt mich. ich bin verlegen und kriege herzklopfen.
das objekt ist nicht minder unangenehm berührt, wohl auch, weil ich nichts sage.
"gräm dich nicht so", bittet mich das objekt und nimmt mich dann noch mal in den arm.
"nein", sage ich. "das tu ich nicht. nicht mehr. insgesamt war ja vielleicht ganz gut so. sonst hätte ich meinen mann möglicherweise nie kennen gelernt."
"ich habe auch den eindruck, es geht dir besser ohne mich."
"ist wohl so."
"trotzdem..." das objekt holt tief luft und schaut dann weg.
"ja, ich weiß. ich hab das auch immer gespürt, dass du..."
das objekt nickt und kann mich nicht anschauen.
ich lächle nun doch.
"aber schön zu wissen, dass ich mich nicht geirrt habe."

wir stehen noch eine weile stumm nebeneinander, dann will das objekt aufbrechen. ich bekomme die dritte bärenumarmung des abends, und diesmal kann ich sie ein bisschen annehmen.
"hier", sagt das objekt und steckt mir ein kleines päckchen zu. "aber erst zuhause aufmachen."
geheimnisvoll wie immer.

als ich zwei stunden später zuhause bin, wickle ich das kleine päckchen aus. unter einer schicht papier ist etwas großzügig in klarsichtfolie gewickelt. ich rieche vorsichtig dran und schnuppere den vertraute duft von gras. dann wickle ich weiter aus. unter dem graskrümel befinden sich black papers und ein kleines stück weiße pappe für den filter.
auf der pappe steht: "die weiße witwe - für die innere verbindung."

und ich bin verdammt unsicher, wie viel dieser inneren verbindung ich noch will.
denn meine entscheidung ist getroffen.
wenn auch begegnungen wie die der letzten nacht immer noch wie ein kleines erdbeben wirken.



Freitag, 2. September 2016

falling apart

sich trauen. sich treu sein. dem anderen trauen. ihm treu sein.
beides kann ich nicht, allenfalls in bruch-teilen. ein halbes standbein, ach was, eher eine krücke mit akuter einknickgefahr.

das wichtigste ist die alternative. gehen sie niemals in eine verhandlung ohne alternative. eine alternative zu haben bedeutet macht. haben sie keine alternative, sind sie nackt. dann können sie vielleicht noch lügen, aber wehe, sie werden enttarnt. das ist nicht von mir, sondern von jack nasher. wirtschaftspsychologie. aber wir sind einer meinung. meine alternative ist mir heilig. denn wenn man ihm keine wahl lässt, ist der mensch kein mensch mehr. die westliche philosophie, der priester in clockwork orange, der das experiment verdammt. ich habe lange genug keine wahl gehabt. weil ich mir keine wahl gelassen habe. weil ich darauf gewartet habe, dass mir jemand die wahl lässt. ich war damit ein experiment für jedermann.

wenn das große zweifeln wieder beginnt, bemerke ich, wie ich goldwaagig werde. ein satz in whatsapp kann dem luxus-mann jetzt den kopf kosten. virtuelle kommunikation schockt mich sowieso. wie ist das gemeint? hat er das smilie vergessen? oder ist das sarkasmus? eine echte frage oder eine rhetorische, die mir sagen soll, mensch mädchen, was bist du dämlich? gibt es vielleicht sogar einen bewussten oder unbewussten semantischen unterschied zwischen der satzaussage und dem dahinter gesetzten smilie?

bei smilies denke ich immer an clowns, hinter einer lustigen maske verborgene brutale serienkiller.
traue keinem smilie, niemals.

innerhalb von 48 stunden habe ich mich so innerlich lichtjahre vom luxus-mann entfernt.
ich brauch dich weniger, ach was,  ich brauch dich gar nicht.

in einem saublöden moment schicke ich dem objekt eine nachricht. keine antwort, glück gehabt. trotzdem hasse ich mich dafür. ein wodka, eine line seit langem mal wieder. zwei minuten später todesangst und reue, die sich nur mit einer tavor wieder wegdrücken lassen.

ich falle in einen unruhigen schlaf, in dem ich von meinen eltern träume. ich wache auf von meiner eigenen stimme, die sagt: "und mit jedem jahr wächst die angst vor dem moment, an dem sie sterben. und weil es niemandem gibt, an den ich all das gute weitergeben könnte, das sie mir geschenkt haben."